Ja zu Abtreibungen

Dannenberg. Am Dienstag stand plötzlich Aussage gegen Aussage. Dr. Markus Fröhling, Verwaltungsdirektor der Dannenberger Elbe-Jeetzel-Klinik, sagte dem Norddeutschen Rundfunk (NDR), die Entscheidung, im Dannenberger Krankenhaus keine Abtreibungen mehr vorzunehmen, weil der neue Chefarzt der Gynäkologie diese nicht mit seinem christlichen Glauben vereinbaren kann, sei mit der Konzernspitze abgesprochen. Genau die gegenteilige Aussage machte Klaus Wöhrle, Geschäftsführer der Capio Deutsche Klinik GmbH. Es habe keine Abstimmung zwischen Krankenhausleitung und Capio Deutschland gegeben, obwohl der Schritt „zustimmungsbedürftig gewesen wäre“. Es ist: Eine Situation, die jedem PR-Profi den Schlaf rauben würde.

Gestern, einen Tag später, wollte Fröhling gegenüber der Presse gar nichts mehr sagen, verwies an seine Vorgesetzten. Die gaben eine Pressemitteilung heraus und bemühten sich, die ganze Sache, die inzwischen ein nationales Medienecho hervorgerufen hat, in halbwegs geregelte Bahnen zu lenken. In der Mitteilung heißt es, alle Capio-Kliniken würden Frauen „auch weiterhin Abtreibungen nach dem Beratungsmodell“ ermöglichen. Man respektiere die Entscheidung einzelner Ärzte, „gleichwohl stehen für uns der individuelle Wunsch und das gesundheitliche Wohl der Patientinnen stets an erster Stelle“, teilt der deutsche Capio-CEO Martin Reitz mit. Mit dem Dannenberger Chefarzt und dem Verwaltungsdirektor will die Geschäftsführung „kurzfristig Gespräche führen“. Die sollen zu einer Lösung der Situation führen. Konkret: „Hierbei wird geprüft, inwieweit die Leistungen durch andere Fachärzte und/oder Kooperationsärzte erbracht werden können.“ Unabhängig davon, welche Variante greifen wird, betont Reitz: „In jedem Fall werden die Capio-Kliniken zeitnah sicherstellen, dass Frauen den Eingriff in angemessener Entfernung zu ihrem Wohnort vornehmen lassen können.“

Die EJZ wollte gestern wissen, wie es weitergeht. Ob und ab wann wieder Abtreibungen in Dannenberg vorgenommen werden, warum es keine Absprache zwischen dem Krankenhaus und der deutschen Konzern-Vertretung gegeben haben soll und was passiert, wenn der Chefarzt die Klinik aufgrund der veränderten Situation verlässt. Antworten gab es darauf keine. „Die Geschäftsführung befindet sich aktuell in Gesprächen mit den verantwortlichen Personen“, betonte Wöhrle.

Die Frage, was passiert, sollte der Chefarzt hinschmeißen, ist von Bedeutung. Dem Vernehmen nach ist es äußerst schwierig gewesen, die Chefarztposition nachzubesetzen. Wie geht es weiter, sollte der Stelleninhaber gehen und kein Nachfolger zu finden sein? Auf diese Frage gibt es bisher keine Antwort, und auch deshalb soll die Unruhe in der Abteilung groß sein. Vielleicht auch deshalb, weil aus der Konzernspitze zu hören war, wenn der Chefarzt nicht akzeptiere, dass andere Ärzte Schwangerschaftsabbrüche durchführen, müsse man „notfalls getrennte Wege gehen“.

Von der teils harschen Kritik hatte sich Fröhling überrascht gezeigt: „Mit der Reaktion haben wir sicher nicht gerechnet.“ Auch weitere Reaktionen ließen nicht auf sich warten. „Wir halten das für falsch“, kritisieren beispielsweise die hiesige Grünen-Landtagsabgeordnete Miriam Staudte und ihre Parteifreundin, die hiesige Bundestagsabgeordnete Julia Verlinden. Der Chefarzt spreche den anderen Ärzten in der Abteilung die Fähigkeit ab, „selbst eine informierte Entscheidung zu treffen“. Staudte fügt hinzu: „Keine Frau entscheidet sich leichtfertig für eine Abtreibung“, vor einer Entscheidung sei eine Frau zu einem Beratungsgespräch verpflichtet. In denen gehe es auch um Fälle, in denen Schwangere gegen ihren Willen zu einem Abbruch gedrängt werden. Das werde aber „nicht verhindert, indem man ihnen einen weiteren Weg aufzwingt“, sagt Staudte.

Verärgert zeigt sich auch die frauenpolitische Sprecherin der Grünen im Landtag, Elke Twesten: „Die Dannenberger Klinik schlägt den Betroffenen die Tür vor der Nase zu.“ Nach der Reform des Abtreibungsparagrafen in den 90er-Jahren liege es in der Verantwortung der Frauen, zu entscheiden, ob sie ein Kind behalten wollen oder nicht: „Es ist nicht Sache einer Klinik, die Versorgung der Frauen abzulehnen.“

gefunden ejz vom 9.2.17